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Die Puppe

Tanzsolo
Die Puppe- The Assembled Woman

Choreographie / Regie / Video / Tanz: Yvonne Pouget
Lichtdesign / Video: Rainer Ludwig

Aktuelle Spieltermine/Überarbeitete Fassung: 21.06. – 23.06.2012 ,
i-camp / neues theater münchen, Entenbachstraße 37,
81541 München, Info: Tel. 089/65 00 00, Karten: elektronische Reservierung über www.i-camp.de ,unter „Spielplan“ sowie Abendkasse

Identita Identita
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Das Tanzsolo „The Assembled Woman“ (Die Puppe) hatte im Rahmen der münchenweiten Ausstellungs und Veranstaltungsreihe „Changing Views“ Premiere, die sich mit Kunst und Kultur aus islamisch geprägten Ländern beschäftigt. Die Choreographin Yvonne Pouget hatte dies zum Anlass genommen, sich mit Weiblichkeitsbildern zu beschäftigen, die im Christentum und im Islam jeweils unterschiedliche Konnotationen haben. Für die Frau im Westen ist heute im öffentlichen Raum die Kontrolle über ihren Körper auch durch das gerade vorherrschende Schönheitsideal allgegenwärtig. Der Körper wird zum Medium der gesellschaftlichen Ordnung, die sich zwangsläufig auf das Selbstverständnis von Frauen und Männern auswirkt. Hinzu kommt, dass seit Ende des 20. Jahrhunderts sich das Schönheitsideal weniger auf den bekleideten als auf den nackten Körper bezieht, wodurch es eine völlig neue Qualität erhält.

Yvonne Pouget entlarvt in der überarbeiteten Neufassung ihres Tanzsolos „Die Puppe“ das konventionelle Verständnis von Weiblichkeitsbildern in der westlichen Welt. Sie setzt sich skeptisch mit dem tradierten Bild der Frau auseinander und reflektiert dabei den gegenwärtigen, medial geprägten Blick auf die Frau und ihre Negierung der Ausübung von Freiheit. Inspiriert durch den Surrealismus adaptiert Pouget Methoden wie Metamorphose und Fragmentierung für ihre eigene Strategie auf der Bühne. So konfrontiert das Eröffnungsbild der Produktion das Publikum mit dem Bild einer kompletten Unterwerfung, die in ihrer überzeichneten Ästhetisierung einer Auslöschung des Individuums gleichkommt. Der weibliche Körper wird dabei zur Waren, zum Gegenstand, dessen Wert die medialen Vorbilder mitbestimmen. Der Fokus im ersten Teil des Abends liegt auf der Bereitschaft der westlichen Frau zur Unterwerfung an verinnerlichte tradierte patriachale Strukturen. Es erscheint zweifelhaft, das die westliche Frau tatsächlich den Objektstatus des angeschauten Lustobjekts überwunden hat. Die Choreographin kritisiert den Verzicht eines Individuums mit weiblichem Geschlecht auf Freiheit und Unabhängigkeit, die diese Unterwerfung impliziert. Sie stilisiert sich selbst zur Puppe, die das Publikum den Inneren Zerfall ihrer Seele während ihrer unterwürfigen Dienerschaft zwingt anzusehen: „ Was schauen sie an, schauen sie einen Menschen an, schauen sie mich? Sie schauen einen Hintern an, in einer Label Unterhose die ein Vermögen kostet. Egal ob Mann oder Frau, sie werden sich dabei ertappen, das ihnen mein Hintern gefällt. Ich sage ihnen was sie sehen: einen traurigen dienenden Hund, der sich verletzt aus ihrem Blickwinkel zu schleppen versucht, während sie seinen Hintern bewundern“. Pouget´s Credo lautet: „Eine Fassade mag noch so prächtig sein, wenn es zum Hauptanliegen eines weiblichen Individuums wird, die Stimmigkeit der Fassade zu erhalten, und Gefallsucht wie Angst überwiegt, verliert es zwangsläufig seine Freiheit. Ob sich der Antrieb dazu aus einer Angst heraus nicht mehr zur Gemeinschaft, zur Gesellschaft dazuzugehören speist, ob Liebesentzug droht, oder ob das Individuum von außen dazu gezwungen wird, macht keinen Unterschied: es verliert seine Freiheit“ .

Im zweiten Teil inszeniert Pouget den Ausbruchsversuch eines weiblicher Menschen aus seinem „seelischen Gefängnis“. Sie verknüpft dabei ein konkretes Schicksal mit einem Bild, um westliche und östliche Frauenwelt zusammen zu bringen. Sie greift das Martyrium der Muslimin Sakine Mohammadi Aschtiani auf und lässt es mit Edvard Munchs Bild Madonna als Stellvertreterin der westlichen Welt verschmelzen. Der Fall der zweifachen Mutter die wegen Ehebruchs im Iran zum Tod durch Steinigung verurteilt wurde rief weltweite Proteste hervor, die Tötung durch Steinigung wurde schließlich ausgesetzt. Munch schuf mit seinem Bild die ideale Frau, in der sich alle seine Wünsche und Phantasien widerspiegeln. Pouget entlarvt am Ende diese ideale Frauenvorstellung, die sie als Visualisierung der westlichen angeblich freien Frau gewählt hat, als ein Gefängnis. Im Gegensatz zu der monatelang unter menschenrechtsverletzenden Bedingungen inhaftiertem Muslimin Sakine Mohammadi Aschtiani hätte die westliche Frau die Möglichkeit frei und selbstbestimmt leben.

„In der Schlussszene denke ich an Aschtiani´s Schicksal, und an alle Frauen die nicht frei leben dürfen, die keine Wahl haben. Ich wünsche mir eine bessere Wirklichkeit, in der alle Menschen unabhängig vom Geschlecht frei sein und lieben dürfen wenn sie möchten, und das es nicht so wichtig ist, mit welchen Geschlecht ein Mensch geboren wird, und ob er Frauen oder Männer liebt. Wir sind Menschen, und dennoch bleibt mancher Seele nur der Tod um zu entkommen. Möge der Tod barmherzig sein, und die Seele leuchtend und gnadevoll, wie eine Geliebte in die Arme schließen, und den Schmerz zum verlöschen bringen.“

Endbild/ letztes Musikstück: O Charon / Pino De Vittorio und Fadia El-Hage, byzantinisches “AKRITIKA”:

Deutsche Übersetzung: “Charon schlägt mich, den unbesiegbaren, und Ade (die Unterwelt/ Totenwelt) trennt mich fortan von deiner großen Liebe, meine Liebste./ Und der Grabstein bedeckt mich während ich für Deine unerträgliche Witwenschaft großes Leid und Kummer spüre. Wie kann ich aber Deine Traurigkeit erleichtern, meine Liebste, wie kann ich dich trösten, da du in einem fernem Land bist ?(nach einer der vielen mündlichen Überlieferungen, wurde seine Frau von einem Emir entführt befindet sich nicht mit ihren Verwandten. Und Er, Digenis, stirbt, bevor er sie retten kann). Welche Mutter wird mit Dir weinen? Welcher Vater wird mit Dir Mitleid haben? Welcher Bruder wird dich raten? Charon schlägt den Unbesiegbaren, Charon trennt mich von Dir , Liebste. Ade ( die Unterwelt) empfängt mich, während ich großes Leid im meinem Herzen spüre, für Dich, du in großer Elend, und für Deine Witwenschaft. Heute trennen wir uns und ich gehe der schwarzen Welt der Dunkelheit entgegen, steige in die Unterwelt hinab heute nimmt mich der Tod und ich gehe. “

 

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